Zur Person
"Wenn ich nicht schreibe, male ich, und wenn ich nicht male, schreibe ich."
Erinnerungen an den Kunstmaler und Heimatdichter zu seinem 120. Geburtstag am 14. Juli 2001
(von Ruth Neeb)
Manche älteren Menschen aus seinem Heimatdorf Groß-Eichen erinnern sich noch gut an den Kunstmaler Ernst Eimer. Von stattlicher Figur, mit einem langen, schwarzen Mantel und einem breitrandigen Hut bekleidet, so sehen sie ihn vor sich. Er mochte sogar als Sonderling gegolten haben, mit dessen brotloser Kunst viele nichts anzufangen wussten. Für die Kinder stellte er ein Idol dar, und, wenn er mit seiner Staffelei draußen zu sehen war, hatten sie genug zu bestaunen und zu fragen. Oft war er in Begleitung eines zahmen, schwarzen Raben, den er "Hottowack" nannte.
"Er malte den Himmel über Oberhessen, versteckte Dörfer, Menschen mit harten Gesichtern in sauberen, halbdunklen Stuben. Mensch, Landschaft, Tier als Dreiklang der Schöpfung".
(aus "Gießener Anzeiger" vom 15.10.1956)
Ernst Eimer wurde am 14. Juli 1881 als zweiter Sohn des Bauern Christian Eimer und dessen Ehefrau Elisabeth geb. Müller in Groß-Eichen, Vogelsberg, geboren. Er besuchte hier die Volksschule. Seine große Begabung zum Zeichnen und Malen zeigte sich schon im frühen Alter. Auf Wunsch seines Vaters erfolgte nach der Schule eine Ausbildung für ein Amt in der heimischen Molkerei. Doch Ernst Eimer konnte sein außergewöhnliches Maltalent unter Beweis stellen und wurde Kunstschüler an den Kunstakademien in München und Karlsruhe, wo er sein Studium als Kunstmaler 1909 beendete.
1911, inzwischen verheiratet, erbaute er ein Landhaus mit Atelier in Groß-Eichen. Hier wurde seine Tochter Elisabeth geboren.
Die harte Arbeitswelt des Landlebens, Handwerk und Brauchtum gaben Ernst Eimer immer wieder Anregung für seine künstlerische Arbeit. So entstanden bedeutende Ölgemälde wie "Der Dengler", "Die Spinnerin", "Ährenleserin", "Die Kartenspieler", "Das Tischgebet", "Apfelernte", um nur einige zu nennen. Er malte den Pflug und die Kuhgespanne, das Pferdefuhrwerk und das Spinnrad mit einem außerordentlichen Talent der Darstellung und als Meister der Farbgebung. Er schuf auch Werke, die fröhliche Szenen darstellten, wie Kirmes oder Tanz oder die "Musikanten" und die "Vagabunden". Als junger Mann hatte er selbst mit Klarinette und Ziehharmonika in einer kleinen Musikkapelle bei dörflichen Festen gespielt. Ernst Eimer hatte eine hervorragende Bbeobachtungsgabe - seine Menschen und Tiere lebten, die Augen redeten, die Hände arbeiteten, die Tiere bewegten sich. Bis ins Kleinste, bis ins Detail genau erfasste er das Erscheinungsbild und gab allen Dingen, Menschen, Tieren und Landschaften eine Seele.
Nach seinem Kriegsdienst im 1. Weltkrieg, wo er zeitweise als Kriegsmaler arbeiten konnte, setzte eine reiche Schaffensperiode ein. Durch Radierungen, grafische Arbeiten, Kohlezeichnungen, Aquarelle, Lithografien und Buchillustrationen wurde Ernst Eimer weithin bekannt. Viel beachtete Kunstauststellungen in Berlin und Darmstadt, wo er sechzehn Jahre (1914 - 1930) lebte und arbeitete, zeigten seine Werke.
Er verfasste die selbstillustrierten Kinderbücher, wie zum Beispiel "Christian der Dorfjunge" und seine Märchenbücher, in denen friedliche kleine Tiere und liebenswerte Gnome vorkamen.
"Wenn ich nicht schreibe, male ich, und wenn ich nicht male, schreibe ich", äußerte sich Ernst Eimer zu seiner Arbeit.
Unvergessen sind auch die Mundartgedichte "Aus isem schine Vulsberg" und "Heitere Dorfgeschichten", wo er mit treffendem Humor "seine" Menschen zeichnete.
Durch den 2. Weltkrieg verlor Ernst Eimer die zeitweilige Wohnung in Frankfurt, wo ein Großteil seiner Werke vernichtet wurde. 1944 verstarb seine Frau Elisabeth.
Die letzten Lebensjahre verbrachte er in seinem Landhaus in Groß-Eichen. Er setzte sich aber noch lange nicht zur Ruhe. Ernst Eimer wirkte bei vielen kulturellen Veranstaltungen mit und las an Heimatabenden aus den Mundartgedichten und Erzählungen vor.
1958 wurde Ernst Eimer die Ehrenbürgerschaft seiner Heimatgemeinde Groß-Eichen verliehen. Er starb am 3.Mai 1960 in Backnang/Württemberg und wurde auf dem hiesigen Friedhof beigesetzt.
1981, zur 100. Wiederkehr seines Geburtstages, erfolgte die Einweihung des Ernst-Eimer-Platzes mit Gedenktafel und die Benennung einer Straße nach seinem Namen in Groß-Eichen. Eine letzte große Ausstellung seiner Werke fand 1982 im Oberhessischen Museum in Gießen statt.
Das Hohhaus-Museum in Lauterbach/Hessen zeigt eine sehr gute Gemäldesammlung, ebenso das Oberhessische Museum in Gießen. Auch das Regionalmuseum in Alsfeld stellt einige Gemälde aus. Im Museum im Vorwerk in Ulrichstein/Hessen werden die Staffelei mit Farbpalette, einige Bücher und andere Erinnerungsstücke aufbewahrt.